Auswandern nach Mallorca
Im Fernsehen sind mehr oder weniger geglückte Auswandererschicksale mittlerweile ein eigenständiges und recht erfolgreiches Format. Die populären Programme sollten jedoch eher als zumeist abschreckende Beispiele und weniger als zuverlässige Ratgeber angesehen werden. Grundsätzlich bestimmen zunächst die beiden sehr wichtigen und entscheidenden Faktoren Finanzen und Fremdsprachenkenntnisse über das Gelingen einer Emigration. Ohne deren jeweilig ausreichendes Vorhandensein steigt die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns schnell. Auch auf Mallorca als der nach wie vor beliebtesten Wohn- und Dauerurlaubsinsel der Deutschen, gilt es einige grundlegende Regeln zu beachten. Trotz einer großen dort ansässigen deutschen Exilgemeinde sind schon viele Auswanderer an den speziellen Eigenheiten Spaniens für Selbstständige verzweifelt und früher oder später still und leise in nördliche Gefilde zurück gekehrt.
Als Auswanderer den Einsatz von Eigenkapital genau kalkulieren
Freiberufler und Selbstständige nennt man in Spanien "autónomos". Bis zum Ausbruch der Krise und dem Einbruch der Wirtschaft vor einigen Jahren war es auf der Iberischen Halbinsel jedoch eher unüblich und wenig verbreitet, gänzlich auf eigene Rechnung zu arbeiten. Das hat sich gründlich geändert, heute schlagen sich auch zahlreiche Spanier mit früherer Festanstellung als Selbstständige in allen möglichen Bereichen und Branchen durch. Freiberufler sind also nichts Ungewöhnliches mehr, starke Konkurrenz und geringe Bezahlung kennzeichnen jedoch auch im Süden das generelle Tätigkeitsprofil. Wer nicht mit einer Erbschaft oder einem Lottogewinn punkten und eine Bar am "Ballermann" eröffnen oder eine Gastronomie-Immobilie in Puerto de Andratx bewirtschaften kann, sollte auf jeden Fall genügend Startkapital für das erste Jahr besitzen. Dieses sollte auch wesentlich höher angesetzt sein als in Deutschland, wo ggf. Familie, Freunde und Bekannte einspringen können. Mit unter 20.000 Euro und ohne eigene Einnahmen kommt man auf Mallorca wahrscheinlich eher nicht ganze 12 Monate über die Runden.
Die Wirtschaft auf Mallorca ist grösstenteils abhängig von der Touristensaison: Über die Wintermonate tendiert das Einkommen im Sektor für touristische Dienstleistungen gegen Null.
Paläste für ein paar Peseten findet man heute weder in Spanien noch auf Mallorca
Vor allem die laufenden Kosten für den Aufenthalt beim Auswandern nach Mallorca sollten nicht unterschätzt werden, die Mieten und Immobilienpreise auf der Insel sind zum Teil noch höher als in deutschen Städten. Besonders in Palma oder Cala Millor sowie in anderen zentralen und begehrten Lagen verlangen Vermieter inzwischen sehr viel und langen ordentlich zu. Ebenfalls höher als bei uns sind die Zahlungen für Kaution und Übernahme von Inventar ("Abstand"), anders als bei uns werden Mieten für Gewerbeimmobilien oft auch für ein Jahr im Voraus bezahlt. Renovierungen der Unterkunft und Anschaffungen von Haushaltsgeräten gehen ebenfalls schnell ins Geld, leicht erreicht man für die diesbezügliche Erstausstattung fünfstellige Summen. Ihrem deutschen Gegenstück steht übrigens auch die spanische Bürokratie in Sachen Gebühren nur wenig nach. Genehmigungen und Bescheinigungen für Gewerbetreibende sind fast immer kostenpflichtig, noch teurer ist die oft obligatorische Übersetzung und Beglaubigung deutscher Papiere für deren offizielle amtliche Anerkennung.
Ob Spanien oder Deutschland: Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare
Selbstständige Freiberufler auf Mallorca müssen mindestens 18 Jahre alt sein, um ihr Gewerbe anmelden zu können, die Gewerbeanmeldung nennt sich "Alta en Impuestos sobre Actividades Económicas". Nach deren Erhalt meldet sich der "autónomo" mit der sogenannten NIE (Número de Identidad Extranjero - Identifikationsnummer für Ausländer) beim lokalen oder regionalen Finanzamt (Agencia Tributária oder hacienda) als selbstständig an und erhält dann dort die spanische NIF (Número de identificación fiscal – Steueridentifikationsnummer). Die Berechnung der anfallenden Steuern erfolgt entweder vierteljährlich (estimación directa) oder per Schätzung, vergleichbar mit der Situation in Deutschland sind die Einkommenssteuer IRPF (Impuesto sobre al Renta de Personas Fisicas) und die Mehrwert- und Umsatzsteuer IVA (Impuesto de Valor añadido) zu zahlen. Weitverbreitet und bevorzugt so behandelt ist die vierteljährliche Festsetzung der Summe und die Berechnung der Gesamtsteuer durch das Finanzamt am Jahresende. Dieses System (régimen a módulos) beschert oft angenehme Überraschungen in Form von geforderten Rückzahlungen.
Höherer Einstieg für mehr Sicherheit und Vorsicht vor Spaniens Steuerfahndern
Auch die Anmeldung bei der Sozialversicherung und die Zahlung monatlicher Beiträge sind in Spanien verpflichtend, das zu versichernde Einkommen kann frei gewählt werden. Bei der Angabe eines größeren Einkommens erhöhen sich auch die Monatsrate (cuota de autónomo) sowie der Krankengeld- und Rentenanspruch. In der Regel geben die meisten Freiberufler ein fiktives Mindestgehalt von 850 Euro monatlich an, woraus sich eine Rate von aktuell insgesamt 254 Euro für Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung ergibt. Bei Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall bekommt man ab dem vierten Tag 60 % des Gehaltes, im Falle von 850 Euro kommen also 510 Euro zusammen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Wochen, erhält man 75 % des angegebenen Grundgehalts. Von Experten empfohlen wird jedoch die Versicherung eines etwa doppelt so hohen Einkommens. So muss man bei einem angenommenen Verdienst von 1.500 Euro zwar 450 Euro für die Sozialversicherung kalkulieren, dafür zahlt die Berufsgenossenschaft (mutua laboral) bei längerer Krankheit allerdings auch stattliche 1.125 Euro an den Freiberufler. Dringend abzuraten ist hingegen von der illegalen Methode vieler Freiberufler auf Mallorca, sich als selbstständiger Kleinverdiener lediglich für zwei Monate pro Jahr anzumelden, um somit Rechnungen schreiben zu können. Das Geld, welches man auf diese Weise für die Sozialversicherung spart, reicht nämlich ganz sicher nicht, um die drohenden Strafen von bis zu 6000 Euro und mehr für dieses Vergehen zu begleichen.