Richter zu Hausbesetzungen: Strom und Wasser abstellen ist keine Nötigung
Juristen einigen sich: Das Unterbrechen der Versorgung bei Hausbesetzung ist unter bestimmten Bedingungen kein Nötigungsdelikt. Eine Analyse der rechtlichen Kriterien.

Die Hausbesetzungen in Spanien steigen weiter an, wobei 2024 mehr als 16.400 Fälle verzeichnet wurden. Gerichte in Barcelona haben nun entschieden, dass das Abschalten von Strom oder Wasser in besetzten Häusern nicht als Nötigung gilt.
Dieser Beschluss erfolgt inmitten eines Anstiegs der Besetzungen, wobei Katalonien die meisten Fälle aufweist. Die durchschnittliche Zeit, um einen Besetzer zu vertreiben, liegt bei fast 24 Monaten.
Am 7. März einigten sich die Richter der Strafkammern des Oberlandesgerichts Barcelona darauf, ihre Vorgehensweise bei Hausbesetzungen zu vereinheitlichen. Demnach wird das Abschalten von Strom oder Wasser in besetzten Immobilien nicht als Nötigung gewertet. Dies bedeutet, dass Eigentümer von besetzten Häusern die Versorgungsdienste abmelden können, ohne rechtliche Konsequenzen zu fürchten.
Darüber hinaus dürfen die Gerichte in Barcelona eine Anzeige wegen leichter Hausbesetzung nicht archivieren, ohne zuvor die Polizei zu beauftragen, die Identität der Besetzer festzustellen. Dies soll verhindern, dass das Verfahren unnötig in die Länge gezogen wird und ermöglicht es, zu prüfen, ob es sich bei den Besetzern um schutzbedürftige Personen handelt und ihnen entsprechende Hilfe anzubieten.

Hausbesetzungen nehmen weiter zu
Die Daten des Innenministeriums zeigen, dass im Jahr 2024 landesweit 16.400 Fälle von Hausbesetzungen registriert wurden, verglichen mit 15.000 im Jahr 2023. Dies entspricht einem Anstieg von 7,4% und ist die dritthöchste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2010. Diese Zahlen umfassen Anzeigen, die bei den Sicherheitskräften eingereicht wurden, jedoch nicht diejenigen Fälle, die außergerichtlich gelöst wurden.
Katalonien verzeichnete 2024 insgesamt ca. 7.000 Fälle von Hausbesetzungen, was 42% der landesweiten Fälle ausmacht. Damit ist Katalonien die Region mit den meisten Besetzungen, wobei Barcelona am stärksten betroffen ist.
Rekordzeiten für die Räumung von Besetzern
Ende 2023 betrug die durchschnittliche Zeit, um einen Besetzer aus einer Immobilie zu vertreiben, fast 24 Monate.
Dies umfasst die Verfahrensdauer bei den Amtsgerichten und den Oberlandesgerichten im Falle einer Berufung. Laut dem Generalrat der Richter und Staatsanwälte hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer in den letzten fünf Jahren nahezu verdreifacht.
Die Verfahrensdauer variiert je nach Region erheblich. Während in Kastilien und León sowie in Murcia die längsten Verfahrensdauern verzeichnet werden, sind sie in Navarra und Aragonien am kürzesten.
Verkauf von besetzten Immobilien nimmt zu
Der Verkauf von Immobilien ohne Besitzrecht hat sich auf dem spanischen Immobilienmarkt etabliert. Besetzte Häuser machen mittlerweile ca. 2,5% aller zum Verkauf stehenden Immobilien in Spanien aus. Im vierten Quartal 2024 wurden ca. 20.500 Immobilien als besetzt gemeldet. Besonders betroffen ist die Region Girona, wo 9% der zum Verkauf stehenden Häuser besetzt sind.
Die Plattform der Betroffenen von Besetzungen hat beim Europäischen Parlament die Untätigkeit der spanischen Regierung angeprangert. Während einer öffentlichen Anhörung in Brüssel wurde die Problematik der ausgesetzten Räumungsverfahren und die Auswirkungen der Besetzungen auf die Eigentumsrechte thematisiert.
Der Kongress hat die Bearbeitung eines Gesetzentwurfs beschlossen, der darauf abzielt, Räumungen innerhalb von 48 Stunden zu ermöglichen. Der Entwurf sieht Änderungen im Zivil- und Strafrecht vor, um die Verfahren zu beschleunigen.